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Geschichte der Kapellen in Lütringhausen

Übersicht
1725 Erste urkundliche Erwähnung einer Kapelle in Lütringhausen
1810 Die Kapelle wird zum Schulgebäude
1812 Auf Wunsch der Dorfbevölkerung Neuweihe als Agatha-Kapelle
1880 Beginn der Planungen für Kapellenneubau
1885 Baubeginn der neuen Kapelle
1890 Einweihung der neuen Kapelle
1940 Erste Renovierung der Kapelle
1963-66 zweite Renovierung
1989-90 letzte Renovierung

Geschichtliches in Kürze
Die Kapelle „Maria vom guten Rat“ „Amme kahlen Struhke“ (Am kahlen Strauch) hatte eine Vorgängerin genau auf der gegenüberliegenden Talseite. Die Strassenbezeichnung „Am Kapellenberg“ deutet noch heute auf ihren früheren Standort hin. Urkundlich erwähnt wurde diese strohgedeckt Fachwerkkapelle, die zwischen den heutigen Strasse „An der Broke“ und „Am Kapellenberg“ stand, erstmals im Jahr 1725.

Die alte Lütringhauser Kapelle aus dem Jahr 1725, gezeichnet
im frühen 20. Jahrhundert von Anton Weber nach Angaben
seinerzeit alter Lütringhauser, die die Kapelle aus ihrer Jugend
noch kannten.

alte Kapelle am Kapellenberg

Ab 1810 wurde die Kapelle vorübergehend als Schule genutzt und der Lehrer aus dem Kapellenvermögen bezahlt. Auf Wunsch der Lütringhauser wurde sie aber schon zwei Jahre später, im Jahr 1812 wieder geweiht. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts war diese Kapelle baufällig geworden. 1880 begann auf Anregung von Vikar Budde die Planung einer neuen Kapelle am heutigen Standort. Vermutlich war die reizvolle Lage, hoch am Berg, direkt über dem Dorf, der Grund für den Standortwechsel. 1885 wurde mit dem Bau begonnen und 5 Jahre später, am 20.10.1890, konnte die Einweihung durch Pastor Tigges stattfinden.

Kapelle oval Bis heute haben drei Renovierungen stattgefunden.Die erste an 1940 auf Initiative von Herrn Studienrat
Hüpper, die zweite zwischen 1963 und 1966 und die dritte kurz vor dem hundertjährigen Jubiläum
1989 – 1990. Architekt der letzten Umgestaltung war Herr Stracke aus Olpe. Die Kosten beliefen sich
auf ca. 300.000 DM. Im Rahmen dieser Renovierung wurde auch das Vordach an der Kepelle angebracht.
Im Jahr 2000 wurde das Kapellengrundstück durch Ankauf um ca 700 m² vergrößert.


Mehr aus der Kapellengeschichte

Festschrift anläßlich des 80jährigen Bestehens der Kapelle im Jahre 1970
Geschichten der Lütringhauser Kapellen (von Franz Neuhaus)

Die Kapelle am Kapellenberg

Die erste Kapelle zu Lütringhausen stand am Kapellenberg, gegenüber dem Hammerwerk, dort, wo die Lütringhauser vor dem Bau des neuen Schützenplatzes ihr Schützenfest feierten. Es war ein kleiner, rechteckiger Bau mit etwa 5×6 Meter Grundfläche, der aber für die damalige geringe Einwohnerzahl wohl ausreichte. Die Mauern waren aus Bruchsteinen errichtet. Sodann hatte man die inneren wie auch äußeren Wände einfach mit Kalk geweißt . Der Lehmboden war mit ungleichmäßigen, flachen Steinen ausgelegt. Dach und Turm waren, der Zeit entsprechend, mit Stroh gedeckt. Nachdem die ältere Geschichte der ersten Lütringhauser Kapelle, die der Heiligen Agatha geweiht war, noch in völligem Dunkel lag, konnte Norbert Scheele in seiner „Geschichte der Gemeinde Olpe-Land“ nachweisen, daß diese mindestens schon im Jahre 1725 vorhanden war. Als die Diskussion über den Bau einer neuen Kapelle aufkam, war die alte schon hundert Jahre baufällig, sodaß würdige Andachten dort nicht mehr gefeiert werden konnten. Die kleine Glocke, die ursprünglich 42 Pfund wog, wurde im Jahre 1747, weil sie schadhaft war, in Köln umgegossen und hatte dann ein Gewicht von 58 Pfund. Später riß das Glöcklein abermals. Wenn es dann die Mittagszeit oder den Abend einläutete, wenn es zur Andacht rief oder den Tod eines Dorfbewohners verkündete, war das zugleich wie eine Klage über den schlechten Zustand der Kapelle.

Im Jahre 1810 wurde die Kapelle profaniert und als Schullokal ausgewiesen, weil kein anderes ausreichen­des Gebäude vorhanden war. Als weiteren Grund für die Umstellung gab mau an, daß der Lehrer nur 56 Thaler jährlich verdiene und deshalb die (geringen) Fonds der Kapelle zur Aufbesserung des Lehrergehaltes benutzt werden müßten. Dieser Zustand aber dauerte nur knapp zwei Jahre. Nach einem Gesuch der Dorfbevölkerung wurde die Kapelle im Jahre 1812 neu geweiht und ihrer eigentlichen Bestimmung wieder zugeführt.

Die Kapelle am kalten Strauch
Eine schwierige Frage

In den ersten Jahren nach 1880 war man in Lütringhausen entschlossen, eine neue Kapelle zu bauen. Vikar B u d d e von St. Martin in Olpe gab diesem Vorhaben einen besonderen Auftrieb. Jedoch wurde sein Plan, das neue Bauwerk an der anderen Seite des Dorfes, am kalten Strauch (am me kalen Struke), zu errichten, von der Mehrheit der Interessenten aus stichhaltigen Gründen abgelehnt. Ihnen erschienen die Schwierigkeiten, das Baumaterial den steilen Berg hinaufzuschaffen, zu groß und weiter wollten sie den alten Leuten das Ersteigen dieser Höhe nicht zumuten. Schließlich erklärten sich die Dorfbewohner damit einverstanden, die Kapelle am Kalten Strauch zu erbauen. Anscheinend war man einen Kompromiß eingegangen, denn nach mündlichen Überlieferungen wollte B u d d e noch hoher hinauf bauen.

Jeder gab sein Bestes

Im Jahre 1885 übernahm Vikar B u d d e die Leitung des Bauvorhabens. Von da an wurde jeden Sonntag im Dorf gesammelt, wobei infolge der allgemeinen Armut nur wenig zusammen kam. Die Einwohnerzahl lag bei 120 Personen. Der Lütringhauser Hammer, den Pet.Jos. R u e g e n b e r g 1854 erworben hatte, beschäftigte 1888 nur 5 Arbeiter. Bei mehr als 60-stündiger Arbeitswoche verdiente ein Arbeiter wöchentlich 9,— Mark, also stündlich 15 Pfennig. Umso mehr war man entschlossen, den Bau der Kapelle durch Eigenleistungen zu fördern. So begann man (nach den Aufzeichnungen des wohl eifrigsten Mithelfers und Förderers, Peter Stahl, (Spiekeren), im Jahre 1885 mit den Ausschachtungsarbeiten und mit der Heranschaffung von Bausteinen aus dem Steinbruch oberhalb Stachelau. Alle Arbeiten wurden außerhalb der täglichen langen Arbeitszeit und vor allem auch sonntags abgeleistet. War ein gewisser Vorrat an Steinen in der Talsole vorhanden, dann wurde derselbe die Höhe hinauf geschafft. Dazu benutzte P. Stahl sein Pferd mit einem leichten Karren und kräftige Burschen Tragbaren. Altere Männer und Frauen, sowie Kinder trugen einzelne Steine zur Baustelle. Für den Transport der Ziegelsteine und Schieferplatten fand Lehrer Johannes S t ö t z e l (von 1874 bis 1896 in Lütringhausen) ein gutes Rezept. Er stellte seine Schüler so auf, daß diese das Material von Hand zu Hand von unten nach oben reichen konnten.

Eine weitere Belastung für die wenigen Familien im Dorf bestand darin, daß alle auswärtigen, bezahlten Handwerker, wie Maurer usw. ganztägig kostenlos verpflegt werden mußten. Schließlich, als man feststellen mußte, daß man ohne größere Geldbeträge nicht auskam, ging der schon erwähnte P. Stahl auf Kollekte durch den ganzen Kreis Olpe. Er war ein robuster Mann, der für diese Aufgabe mit einer seltenen Energie ausgezeichnet war. So kamen erhebliche Werte an Geld- und Sachspenden zusammen.

Einweihung durch Pastor T i g g e s

Der Bau der Kapelle erstreckte sich über einen Zeitraum von 5 Jahren. Bezüglich der Inneneinrichtung heißt es in der schriftlichen Überlieferung „Den schönen Altar hat mein Onkel, Bruder meines Vaters, Franz Stahl, nach sorgfältiger Anweisung und Überlegung verfertigt.“ Auf den Altar stellte man .eine lebensgroße Muttergottesstatue, die mit dem Titel; „Hl. Maria, Mutter vom guten Rat“ neben der hl. Agatha, zur Patronin der Kapelle ernannt wurde. Für die Ausstattung gab es auch einige Geschenke. So stiftete Pastor T i g g e s (von 1886 bis 1911 Pfarrer von St. Martinus in Olpe), ein neues Harmonium. Zur Vollendung des Ganzen wurde eine neue Glocke, die aus dem schadhaften Glöcklein vom Kapellenberg, unter Zusatz von neuem Bronzematerial gegossen war, im Turme aufgehängt. Die Einweihung erfolgte am 20. Oktober 1890 durch Pastor Tigges.

Besondere Hinweise

Welche Gemeinde mit 120 Personen, einschließlich Kinder, würde heute noch den Mut und die Ausdauer haben, unter denselben trostlosen Bedingungen ein für die damaligen Verhältnisse so großes Bauwerk zu erstellen? Früher hatte das Wort: „Schwierigkeiten sind da, um überwunden zu werden!“ noch eine besondere Bedeutung. Allerdings die Schwierigkeiten, die der steile Aufstieg bereitet, konnten nicht überwunden werden.

Am 11. November 1890 wurden Josef Zeppenfeld (Bräider) und Thekla H e u e l als erstes Paar in der neuen Kapelle getraut.

Ein nach Fertigstellung der Kapelle gestiftetes Wiesengrundstück, ca 50 Ar groß, gelegen zwischen Lütringhausen und Stachelau, wurde bei der Melioration im Jahre 1936 gegen ein 178 Ar großes Fichtenwaldgrundstück im Müllerhöfchen, oberhalb Stachelau eingetauscht. Dies ist der einzige Grundbesitz der Kapelle.

Renovierung durch Studien-Assessor H ü p p e r

In den Jahren 1908/1909 wurde die Kapelle von außen verputzt, was aber später für das Innere derselben schädliche Folgen hatte. Da die Mauern von unten her nicht isoliert waren, schlug nun die Feuchtigkeit nach innen durch. Der Zustand der Kapelle wurde dann so schlecht, daß im Jahre 1940 der geistliche Studienassessor (unser jetziger Studienrat Franz Hüpper), die Initiative zu einer großzügigen Renovierung bzw. Verschönerung ergriff. Zunächst ließ er durch Wilhelm Stuff, Hohl bei Rhode, aus den Bänken der alten Rhoder Volksschule einen neuen Bodenbelag und neue Bänke für die Kapelle anfertigen. Der Kölner Bildhauer P.G. Rankenberg lieferte einen neuen Altaraufsatz und die schönen, geschnitzten Figuren der Heiligen: Agatha, Katharina, Antonius und Rochus. Die Ausmalung der Kapelle erfolgte durch den Dortmunder Maler Austermann . Inzwischen war auch ein neues Harmonium aufgestellt worden.

Im Hungerjahr 1946, wo das Geld kein Ansehen mehr hatte, weil es fast nichts mehr zu kaufen gab, gelang es unter schwierigen Bedingungen, neue Fenster für die Kapelle zu beschaffen und anzubringen. Dieselben waren von Professor Kamps entworfen und unter seiner Anleitung in Kevelar gefertigt worden. Ein Fenster zeigt Maria Verkündigung, das Gegenfenster Maria Himmelfahrt. Die anderen stellen symbolisch die sieben Schmerzen und die sieben Freuden Mariens dar. Von da an war die Kapelle wieder in einem guten Zustand, der Voraussetzung für würdige Feiern ist.

Eine kleine Mißstimmung

Bei aller Mühe und Opferbereitschaft, die diese Renovierung erforderte, und die dankbar anerkannt wurde, löste sie auch eine kleine Mißstimmung aus. Wegen des neuen Altaraufsatzes kam die „Mutter vom guten Rat“, die den Lütringhausern sozusagen ans Herz gewachsen war, ins Hintertreffen. In den ersten Jahrzehnten nach dem Bau der Kapelle schmückten sogar die Bräute nach der Hochzeit für eine gewisse* Zeit die Statue mit Schleier und Brautkränz. Aber die unruhig fortschreitende Entwicklung auf allen Gebieten verlangt auch ihren Tribut. Die großangelegte Renovierung durch Assessor Hüpper war schon ein Beitrag in Richtung auf unsere Zeit hin, die uns zwingt, umzudenken und umzulernen, besonders auch im religiösen Bereiche.

Erneute Sorgen und Fragen

Wenn ein Problem unter großen Opfern gelöst worden ist und der Erfolg dann wieder in zunehmendem Maße durch äußere Einflüsse abgebaut wird, dann ist das sehr betrüblich. Schon nach zwei Jahrzehnten hatte die Feuchtigkeit, die große Feindin aller Gebäude, das kleine Gotteshaus wieder unansehnlich gemacht.

Der damals bestehende Kapellenvorstand setzte sich aus folgenden Personen zusammen:

Werner Feldmann, Vors.
Karl Hachenberg
Willi Lackner, sen.
Aloys Stahl,
Rudolf Schlimm,
Anton Weber und
Aloys Zeppenfeld.

Dieser Vorstand befaßte sich zunächst mit der Frage: Ist eine erneute Renovierung überhaupt noch zweckmäßig und notwendig? Einmal wurde den Kapellen nicht mehr die große Bedeutung, die sie früher hatten, beigemessen und zum anderen lag schon der Plan für den Bau einer neuen Kirche in der Hakemicke vor. Die Dorfbewohner aber waren der Ansicht, das in jedem Dorf zur Ehre Gottes und als Symbol der religiösen Heimat eine würdige Kapelle stehen sollte.

Bezüglich der Renovierung legte der Vorstand seinen Standpunkt folgendermaßen fest:

Eine erneute Renovierung kommt nur in Frage, wenn die Kapelle trocken gelegt werden kann, anderenfalls ist jede weitere Anstrengung sinnlos. Während zu Hüppers Zeiten eine solche Möglichkeit kaum bestand, hatte man um 1960 bei vielen Gebäuden mit dem Einbau von Entlüftungspatronen gute Erfahrungen gesammelt. Man entschloß sich, dieses Verfahren anzuwenden, und der Erfolg ist nicht ausgeblieben. Ein zusätzliches Mittel zur Trockenlegung war die Beseitigung der Bäume, die der Kapelle Sonne und Wind verwehrten.

Die zweite Renovierung findet statt

Im Jahre 1965 wurde dann eine abermalige Renovierung eingeleitet, die ihren endgültigen Abschluß mit der 4.000.— DM kostenden Neubeschieferung des Kapellendaches im Jahre 1966 fand. Die Gesamtkosten beliefen sich nach dem damaligen Geldwert auf rund 55.000.— DM, die durch Eigenleistungen, Stiftungen und Geldsammlungen gedeckt wurden. Mit etwa 4 000 Arbeitsstunden leisteten die Dorfbewohner ihren selbstlosen Beitrag als Eigenleistung. Von zeitgemäßen Gesichtspunkten ausgehend wurden zunächst noch nicht vorhandene, notwendige Neuerungen geschaffen. So baute man eine neue Sakristei, die schon lange vermißt worden war. Ferner wurde eine Propangasheizung, die aus dem Dorf fernbedient wird, angelegt. Eine besondere Freude löste der Bau einer gut in den Raum passenden Empore aus, wodurch nun mehr als fünfzig weitere Personen einen Platz in der Kapelle finden. Ein neuer, schöner Altar aus Mainzer Sandstein wurde von auswärts gestiftet. Von einheimischen Handwerkern bzw. Facharbeitern wurden durch Handarbeit kostenlos hergestellt:
Die passende Vergitterung der Einpore und das Gitter unter der Kommunionbank,
der einfache, und darum so ansprechende, mit Bronzeplatten verkleidete Tabernakel
und die wertvolle Wendeltreppe zur Empore, die aus dem mehr als 160-jährigen Holz einer Treppe aus dem abgerissenen, früheren Wohnhaus Lütticke (Clases) in Olpe, gefertigt ist.
Ebenfalls gestiftet wurde das Rundfenster über dem Eingang zur Kapelle. Dieses Fenster mit seinen leuchtenden Farben hat zu Ehren der Hl. Katharina, der Patronin des Hammerwerkes, dort seinen Platz gefunden. Die bestandene enge Bindung zwischen Kapellengemeinde und Hammerwerk ist hauptsächlich auf den im Jahre 1953 verstorbenen Obermeister Josef Zeppenfeld zurückzuführen.

Die „Mutter vom guten Rat“ steht jetzt, liebevoll geschmückt, an der rechten Seite des Altars.

Umgestaltung des Altarraumes

Im Zuge der sichtbar guten Neuerungen, die z.Zt. in den Gotteshäusern eingeführt werden, wurde im Juli 1970 auch in der Lütringhauser Kapelle der Altarraum umgestaltet. Die den vorgezogenen Altartisch seitlich tragenden Säulen stammen vom früheren Hochaltar in St. Marien. Um den Weg zur Handkommunion frei zu machen, wurde auch die Kommunionbank entfernt. Ein Teil des dazu gehörigen Gitters wurde unter dem Altartisch angebracht. Die restlichen Teile sollen die zwei bunten Fenster über der Empore verkleiden. Auch diese Umstellung ist der Gediegenheit und Schönheit der Kapelle zugute gekommen. Und fast alle Gläubigen, auch die, denen es schwer fiel, die neuen Wege zu begehen, sind sich heute darin einig, daß es so richtig war.
Johannes Stötzel und Josef Henkel

Zwei Personen, die lange Zeit im Dienste des Dorfes standen, gehören wegen ihrem gewollten oder ungewollten Humor auch zur Geschichte der jetzigen Kapelle. Es sind die Originale, Lehrer Johannes Stötzel und der Kuhhirt Josef Henkel . Lehrer und Hirt waren vor 1914 die wichtigsten Personen in der Dorfgemeinschaft. Diese zwei Originale hatten vor allem eines gemeinsam: Sie gingen auf geradem Wege auf die gesteckten Ziele zu, wobei sie, jeder auf seine Art, große Erfolge hatten. Wir wollen auch nicht unterschlagen, daß sie keine Widersacher gegen einen kräftigen Schluck waren.

Lehrer Stötzel hat nicht nur mit seinem persönlichen Einsatz den Kapellenbau gefördert, sondern vielleicht mehr noch mit seinem sprichwörtlichen Humor, womit er über aufkommenden Mißmut und andere Schwierigkeiten hinweghalf. Er war es auch, der bei einer Konferenz in einem Olper Hotel, als Vorbeter vor vollen Schüsseln, erstmalig die Vaterunserbitte;

„Unser tägliches Brot gib uns heute!“, in die einen armen Dorfschulmeister ansprechendere Form: „Unser heutiges Brot gib uns täglich“, umgedeutet hat.

Josef Henkel kam, geistig wenig begabt, aber doch als Mitglied des Volkes Gottes, auf besondere Art mit der Kapelle in Beziehung. In seinem Berufe, der sich auf die Pflege, sowie auf die Heilung kranker Kühe und auf das Kalben der Kühe bezog, war er ein weitgesuchter Meister. Eines Tages wurde Henkel wegen seines guten Rufes von den bis weitum wohnenden Hirten zum Oberhirten gewählt. Sofort nach der Wahl rief lustig ein Kollege; „Jousäip, jez biste unse Dechant!“ Von da an nannte er sich selbst Häierendechant (Hirtendechant). Vor dem Frühjahrsaustrieb seiner Herde ließ er nun in jedem Jahr in der Kapelle ein, wie er sagte ‚“Hirtenamt“ lesen, „ümme dn Hearguatt aanteraupen, dat hei all Unhäil van unsem Veih afwenget.“ Diese Messe war immer die bestbesuchte des Jahres.

Einmal war Henkel in einer vorgeschrittenen, umnebelten Stunde in den Dorfbach gefallen. Sein Wunsch, daß niemand diesen „Fall“ beobachtet haben möge, erfüllte sich nicht. Am nächsten Morgen sprach ihn ein Dorfbewohner an: „Jousäip, wat haste do gemaket? Dat durt doch em Dechanten nit passäieren.“ „Jöises“, sag.te der dann, „dat wäit me nu ouk alt in me Duarpe. Do is me sou en kitzken uutgerütschet un jez rietent se de Müler üeber mieck op: Jo, wei houge stäit, kann deip fallen“.

Zwischen Lehrer und Hirt bestand früher in den Dörfern kein gutes Verhältnis. Das kam daher, weil der Lehrer zu allen Festlichkeiten, besonders zu den Hochzeiten, eingeladen wurde, während man den Hirten abseits stehen ließ. Darüber beschwerte sich Josef Henkel einmal beim Pastor Tigges: „Herr Pastouer, dat is en ganz grout Unrecht, wat me mi do aandeit. leck hebbe doch mäi Kapitol (Kapital) vüer me Stocke äs dr Lehrer“. Und vom Gewicht her gesehen hatte der Beschwerdeführer Henkel, der letzte echte Hirt in unser weiteren Umgebung, wieder einmal Recht.

Dank allen Helfern

Diese „Geschichten der Kapellen von Lütringhausen“ wurden aus Anlaß des 80-jährigen Bestehens der jetzigen Kapelle geschrieben. An diesem Tage gedenkt die Kapellengemeinde in Dankbarkeit aller Mitarbeiter und Helfer, die beim Bau und bei der Instandhaltung dieser Kapelle so mannhaft und opferbereit geholfen haben. Es ist eine große Ehre, wenn man von einem Menschen sagen kann:

„Er hat sich selbstlos und unter großen Opfern für eine gute Sache eingesetzt“.

Der Dank gilt aber auch, über das Grab hinaus, den Erbauern und Förderern der früheren Kapelle am Kapellenberg, deren Einsatz sich heute nicht mehr umschreiben läßt. Gott allein weiß, wie diese unter aller Menschenwürde lebenden, armen Leute mit den Problemen ihrer Zeit fertig geworden sind.

Möge diese Niederschrift auch den Nachkommen erhalten bleiben, damit sie erfahren, welch große Werke und Werte ihnen die Vorfahren als Beispiel zur Nachahmung hinterlassen haben.

Franz N e u h a u s

Quellen-Nachweis;

Peter Stahl (Spiekeren) Aufzeichnungen 1890
A. Hirschmann „Geschichte der Pfarrei Olpe“ 1930
Chronik von St. Martinus
Chronik von St. Marien
N. Scheele „Geschichte der Gemeinde Olpe-Land 1952
Mündliche Überlieferungen

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